Singen ist eine altbewährte Möglichkeit, Gefühle zum Ausdruck zu bringen und in unsere Kraft zu kommen. Insbesondere können wir so unsere Freude spüren und ausdrücken und im gemeinsamen Singen auch mit anderen teilen. Wenn wir Texte mit spirituellem Inhalt singen, verbinden wir uns damit mit dem Göttlichen. Dieses ist unsere ureigene Natur und geht gleichzeitig so unendlich weit über unser Menschsein hinaus. Das inbrünstige Singen von Mantras und anderen spirituellen Liedern ist ein Akt der Hingabe an das Große. Wir berühren damit die unendliche Dimension des Seins.
Deshalb finde ich es immer schade, wenn Menschen in den Yogakursen die Einladung zum Mantra singen nicht annehmen wollen. Das Singen ist ein so großes Geschenk! Und es spielt überhaupt keine Rolle, ob jemand musikalisch ist oder eine gute Singstimme hat. Singen kann jeder. Und das Singen von Mantras kann für jeden ein unschätzbarer Segen sein.
Ich selbst hatte das große Glück, dass ich schon in meiner Jugend den Segen spiritueller Lieder erfahren durfte. In einer katholischen Jugendgruppe, wo wir viel gesungen haben. Und oft bin ich stundenlang auf meinem Bett gesessen und habe die Lieder gesungen und auf der Gitarre begleitet. Viele Texte von damals sagen mir heute nicht mehr so zu. Meist sind mir Mantras aus der Yogatradition, dem Buddhismus, dem Sufismus oder von Osho heute lieber. Doch interessanterweise waren es in Zeiten der Bedrängnis immer Loblieder aus meiner Jugendzeit, die mir als erstes einfielen. Das sind wohl die frühen Prägungen.
Ja, Singen ist nicht nur dann angebracht, wenn wir froh sind und feiern, es ist auch das beste Heilmittel gegen diffuse Ängste, Sorgen und Zweifel oder wenn wir von Schicksalsschlägen getroffen werden. Als ich letzten Sommer die Brustkrebsdiagnose erhielt – wie ich in meinem Blog Ganzheitliche Krebsvorsorge schon geschrieben habe, war der noch sehr kleine Herd im frühesten Stadium bereits bei der Biopsie entfernt worden, zu diesem Zeitpunkt also schon gar nicht mehr da, trotzdem stellte sich mir natürlich die Frage: „Wieso bekomme ich so etwas überhaupt und wie gehe ich jetzt damit um?“ – war einer der ersten Gedanken in den darauffolgenden Tagen: „Ich brauche ein Mantra.“ Ein Mantra, das ich ununterbrochen im Geist rezitieren und auch singen kann. Aber welches? Am Naheliegendsten wäre ein Heilungsmantra gewesen. Doch irgendwie passte das für mich nicht. Ich wollte ein Mantra, das den Lobpreis Gottes zum Ausdruck bringt. Da gibt es natürlich viele. Aber ich hatte bald das gefunden, das jetzt für mich das richtige war. Und immer, wenn irgendwelche düsteren Gedanken in meinen Geist dringen wollten, war sofort das Mantra da, um diese wieder zu vertreiben.
Lobpreis Gottes, gerade dann, wenn etwas passiert, was wir gar nicht wollen? Was uns schockiert und Angst macht? Das klingt irgendwie paradox. Und doch: Ja, gerade dann! Der Lobpreis Gottes – oder wie auch immer das Unsagbare, der Ursprung aller Existenz, die alles durchdringende höchste Weisheit genannt werden mag – ist das beste Heilmittel, das ich kenne. Es hilft bei nahezu Allem. Bei Ängsten und Verzagtheit, bei (Selbst)zweifeln, Misserfolg, Frustration und Enttäuschung, bei Depression und Lebensmüdigkeit, in Trauer und Schmerz und wenn die Welt in Trümmern liegt. Natürlich ist er auch angebracht, wenn Freude und Glück sowieso schon da sind. Aber dies ist nicht Voraussetzung dafür. Es muss nicht alles gut laufen, damit wir Gott lobpreisen können. Vielmehr ist es der schnellste und direkteste Weg, dass sich Freude und Glück einstellen. Im Lobpreis Gottes blicken wir nicht mehr auf unser eigenes Wollen und Versagen, sondern auf das, was in all dem immer rein, heil, strahlend und überwältigend schön und freudig ist.
Der Lobpreis Gottes ist ein besseres Heilmittel als positives Denken oder die Visualisierung von etwas, was wir uns wünschen, (wobei dagegen natürlich auch nichts einzuwenden ist), denn es bedeutet das vollständige Loslassen von unseren Wünschen und die Hingabe an das, was ist, immer war und immer sein wird, auf das, worauf wir uns immer verlassen können, auf das Getragensein von etwas so viel Größerem.
Der Lobpreis Gottes nimmt uns jede Angst, gibt uns Mut, Kraft und Zuversicht.
Die Form, die Worte oder Nicht-Worte sind dabei nicht so wesentlich. Wichtiger ist, dass er aus tiefstem Herzen kommt. Dies ist leicht möglich, wenn wir den Blick weiten und das Leben in seinen großen Zusammenhängen sehen. Wenn wir die große göttliche Symphonie hören, in der unser Leben ein Klang ist. Und jeder Klang ist nötig und genau an der Stelle und zu dem Zeitpunkt, wo er hingehört. Wo er sich einfügt in das Spiel des großen Orchesters und wo er fehlen würde, wäre es nicht hier.
Die Form kann ein Halleluja sein oder ein Mantra oder auch ein Jubilieren jeder Zelle in uns, wenn wir in Stille sitzen, die Schönheit der Natur genießen oder einen lieben Menschen umarmen.
Im Lobpreis Gottes nehmen wir uns selbst nicht mehr so wichtig. Und dann wird auch das, was uns quält und bedrückt, leicht, klein und unwesentlich im Lichte des Großen.
Mantren lernst du in jedem meiner Yoga Basiskurse.
Ein Gedanke zu “Die heilsame Kraft des Mantra Singens”