Vor ein paar Jahren war ich in einem großen Yoga-Ashram in Deutschland zu einer Weiterbildung. Dabei ist mir aufgefallen, dass es unter den ca. 500 Menschen so gut wie keine Übergewichtigen gab. Kann man daraus schließen, dass Yoga üben schlank macht? Oder ist es vielmehr eher so, dass übergewichtige Menschen selten Yoga praktizieren?
Natürlich ist Yoga kein Abnehmprogramm. Das höchste Ziel des Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen des Geistes und die Erkenntnis, wer oder was wir sind, wenn wir unsere Identifikationen mit Körper, Gefühlen, Lebensgeschichte und geistigen Konzepten loslassen. Für viele Menschen, die mit Yoga beginnen, steht das allerdings nicht an erster Stelle.
Nun, die wichtigste Maßnahme, um nachhaltig abzunehmen ist sicherlich die Umstellung auf eine gesunde, vitalstoffreiche und ballaststoffreiche Ernährung, die den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt anstatt mit leeren Kalorien. Die meisten Diäten führen hingegen häufig nur zu dem berühmten Jojo-Effekt. Dennoch kann auch Yoga dazu beitragen, das Idealgewicht zu erreichen und zu halten, aber eher auf indirektem Wege.
Zunächst einmal geht es in der Yogapraxis darum, ein positives Körperbewusstsein zu entwickeln und zu spüren, was einem guttut. Yogis und Yoginis nehmen ihren Körper bewusster wahr und erleben ihn als eine Quelle des Wohlbefindens. Sie spüren ihre Kraft und Beweglichkeit und können sich leichter entspannen. Dazu kommt, dass man Yoga nicht mit vollem Magen praktizieren kann. Wer schon einmal versucht hat, nach dem Essen die Stellung der Heuschrecke einzunehmen, bringt eine höhere Motivation auf, vor der Yogastunde mehrere Stunden lang nichts zu essen, um die Praxis dann besser genießen zu können. Aus diesem Grund gibt es in Yogazentren oft nur zwei Mahlzeiten am Tag: Frühstück um 10.00 oder 11.00 Uhr und ein weiteres Essen um 16.00 oder 17.00 Uhr. Als ich das das erste Mal hörte, rebellierte ich innerlich, weil ich dachte, das würde ich nicht aushalten, da müsste ich ja hungern. Inzwischen esse ich auch zu Hause manchmal nur zweimal am Tag. Dieser Rhythmus ergibt sich ganz natürlich, wenn man die Morgenstunden für die Yogaspraxis nutzt und dadurch später frühstückt und abends nichts mehr isst, weil es sich nicht gut anfühlt, mit vollem Magen ins Bett zu gehen.
Damit kommen wir zu einem weiteren Punkt. „Tapas“ ist eine wichtige Tugend im Yoga. Tapas bedeutet so viel wie Selbstdisziplin, etwas durchhalten oder auf etwas verzichten um eines höheren Zieles willen. Es geht nicht um eine sinnlose Selbstkasteiung oder darum, sich etwas Gutes nicht zu gönnen, sondern um ein sinnvolles Maßhalten und Vermeiden von Verhaltensweisen, die uns schaden, auch wenn sie im Moment vielleicht verlockend erscheinen. Wenn man, wie oben erwähnt, nur zweimal am Tag isst, sich dann aber die Zeit nimmt, mit großem Appetit den Geschmack frischer, farbenfroher, mit Liebe zubereiteter Lebensmittel zu genießen, wird jede Mahlzeit zu einem Fest. Stattdessen mampfen viele Menschen nebenbei ungesunde Nahrungsmittel in sich rein oder essen einfach nur, weil gerade was zum Essen da ist und nicht, weil sie wirklich Hunger haben. Jeder, der beides probiert hat, wird auch bestätigen können, dass es ein besseres Gefühl ist, so viel zu essen, dass man gerade satt ist als sich so zu überessen, dass man kaum noch Luft bekommt. Da kann dann der „Verzicht“ auf die Nachspeise, wenn man eigentlich schon satt ist, durchaus ein Gewinn an Wohlbefinden sein.
Viele Menschen assoziieren mit Yoga vor allem körperliches Training. Im Yoga geht es aber vor allem um den Geist. Wenn der Geist zur Ruhe kommt, verfeinert sich die Wahrnehmung. Wir nehmen unsere wahren Bedürfnisse besser wahr, spüren besser, was uns guttut und was nicht. Es fällt uns leichter, das, was wir wirklich suchen und brauchen von dem zu unterscheiden, was gerade in ist und uns von anderen eingeredet wird. Und wenn wir körperlich aufgerichtet und geistig entspannt sind, können wir uns auch selbstbewusster und achtsamer um die Befriedigung unserer wahren Bedürfnisse kümmern. Wofür steht das übermäßige Essen? Suchen wir die Süße des Lebens in Schokolade und Kuchen anstatt in nährenden Beziehungen? Oder ist das Essen ein Trost für die Langeweile, wenn wir uns mit Dingen beschäftigen (müssen), die uns eigentlich nicht interessieren? Je bewusster wir tun, was wir tun, je präsenter wir sind, desto größer wird das Spektrum unserer Handlungsmöglichkeiten und desto mehr Kontrolle haben wir darüber, was, wie und wie viel wir essen, anstatt uns von unbewussten Trieben und Motiven steuern zu lassen.
Hat dies auf Fundstücke aus dem Internet rebloggt und kommentierte:
Interessante Gedanken zum Yoga…
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